Blutzuckersenkung: mit Langzeitinsulin oder Fasten?
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Naturheilkundlicher Rat

Blutzuckersenkung: mit Langzeitinsulin oder Fasten?

Dr. med. Volker Schmiedel

Seit fünf Jahren bin ich Diabetiker und nehme seit drei Jahren Metformin, ein Medikament, das nach den Mahlzeiten die Glukoseaufnahme ins Blut verzögert und hohe Schwankungen der Blutzuckerwerte ausgleicht sowie die Glukoseverwertung in den Zellen verbessert. Es hemmt außerdem die Glukoseproduktion der Leber und verhindert hohen Blutzucker im Nüchternzustand. Ergänzend sollte ich ein Medikament mit dem Wirkstoff Sitagliptin einnehmen, das die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse nach der Nahrungsaufnahme frühzeitig anregt. Dies geschieht aufgrund eines hormonellen Signals aus dem Darm, wenn sich Zucker im Nahrungsbrei befindet. Doch das Medikament vertrage ich nicht. Da mein Arzt wegen meines hohen Langzeitzuckerwertes HbA1c von 7,7 % Spätschäden befürchtet, möchte er mir jetzt ein Langzeitinsulin verschreiben. Ich weiß, dass ich mit 87 Kilogramm bei einer Größe von 1,74 Meter abnehmen sollte, was mir sehr schwer fällt. Doch um mich nicht „spritzen“ zu müssen und meine Lebensqualität im kürzlich erreichten Ruhestand zu erhalten, würde ich nun alles tun. Kann ich mit Fasten etwas erreichen? In letzter Zeit wird doch auch das Intervallfasten gelobt. Wäre das für mich eine sinnvolle Methode zur Blutzuckersenkung?

Ja, ein HbA1c von 7,7 % ist auf Dauer tatsächlich bedenklich. Doch Studien haben ergeben, dass bei sehr streng eingestellten Diabetikern mehr Menschen durch die Nebenwirkungen der Medikamente gestorben sind als vor den tödlichen Auswirkungen des Diabetes bewahrt wurden. Deshalb sehen die Diabetologen die Zuckereinstellung inzwischen nicht mehr ganz so streng wie noch vor einigen Jahren. Bei einem HbA1c von 7,7 % über lange Zeit drohen aber Spätschäden beispielsweise an Augen, Nieren oder Nerven. Wenn diese erst einmal eingetreten sind, sind sie nahezu irreversibel. Vorbeugung tut also Not. Leider weiß ich nichts über Ihre anderen Risikofaktoren wie Stress oder Bewegungsarmut.

Eine kohlenhydratarme Ernährung weist beim Diabetes Vorteile auf. Zumindest sollten manche Mahlzeiten streng „Low carb“ sein, um die Bauchspeicheldrüse zu entlasten.

Gewichtsreduktion hilft jedem Typ-2-Diabetiker

Auch eine Gewichtsreduktion tut jedem Typ-2-Diabetiker gut, weil sie der beste Weg ist, um die Insulinresistenz abzubauen. Das selbst produzierte Insulin, welches beim Typ-2-Diabetiker – zumindest in den ersten Jahren – nicht erniedrigt, sondern sogar erhöht ist, wirkt dann wieder besser. Das Ausmaß der Insulinresistenz kann man objektiv messen und im Langzeitverlauf Verbesserungen feststellen, wenn diese durch Ernährungsumstellung oder andere Maßnahmen eintreten. Leider wird der dafür geeignete HOMA-Index von Diabetologen viel zu selten herangezogen. Beim HOMA-Index werden Nüchternblutzucker und -insulin gemessen. Nach einer bestimmten Formel kann daraus errechnet werden, wieviel Insulin benötigt wird, um einen bestimmten Zuckerspiegel zu halten. Der Nüchternblutzucker kann unter Umständen sogar noch normal sein. Wenn dafür aber eine extrem hohe Menge Insulin benötigt wird, liegt bereits eine massive Insulinresistenz vor. Die Bauchspeicheldrüse kann also mit enormer Anstrengung die Situation gerade noch kompensieren. Das wird sie in der Regel aber nicht lange durchhalten.

Vorsicht! Heilfasten nicht unter Metformintherapie

Eine Gewichtsreduktion und besonders das Heilfasten sind die besten Methoden, um die Insulinresistenz schnell herunterzufahren. Leider ist die Einnahme von Metformin eine Gegenanzeige für das Heilfasten, da es hierunter zu einer lebensgefährlichen Laktatazidose (besondere Form der Übersäuerung) kommen kann. Deshalb sollte mit Fastenbeginn das Metformin abgesetzt werden. Den Honig im Fastentee würde ich dann aber weglassen.

Da bei Ihnen jedoch eine nicht so ganz einfache Stoffwechselsituation vorliegt, schlage ich Heilfasten in einer darauf spezialisierten Klinik vor. Ein ambulantes Fasten unter Anleitung eines in Diabetes erfahrenen Fastenarztes mit enger Anbindung und regelmäßigen Zuckermessungen ist aber auch durchaus möglich.

Mit dem 1-0-Fasten (ein Tag essen, ein Tag Nahrungskarenz) oder dem 5-zu-2-Fasten (fünf Tage in der Woche essen, zwei Tage fasten) kann man auch sehr schöne Erfolge erzielen. Wenn Sie in dieser Fastenzeit das Metformin absetzen könnten, ohne dass es zu hohen Blutzuckeranstiegen kommt, wäre das wohl auch möglich. Falls Metformin weiterhin benötigt wird, würde ich aus Sicherheitsgründen jedoch diese Art des Fastens nicht empfehlen …

Den Artikel zu dieser redaktionellen Einleitung finden Sie in der Naturarzt-Druckausgabe 7/2018