Von Asien lernen – und von Vò!

Von Asien lernen – und von Vò!

Liebe Leserin, lieber Leser,
wer hätte vor ein paar Wochen gedacht, dass wir ab März 2020 von Virologen „regiert“ werden? Sie treten zurückhaltend und kompetent auf, betonen sogar, dass sie selbst täglich dazulernen und weder Kliniker, noch Politiker seien. Es ist jetzt müßig, Vorwürfe zu machen, wer wann hätte wie handeln sollen. Das bringt uns nicht weiter. Aber dass die Bereitstellung von Atemschutzmasken, Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln für medizinisches Personal nur schwerlich realisiert werden kann, gibt mir zu denken.

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat in seiner Einschätzung eine Kehrtwende vollzogen: Während es lange eindeutig hieß, Masken schützten nicht vor Ansteckung, ist man da jetzt nicht mehr so sicher. Österreich hat das Tragen von Masken außerhalb des Wohnumfeldes nun angeordnet. Für Deutschland wird Entsprechendes gerade diskutiert. Doch woher die Masken nehmen – da schon überall Mangel herrscht? Womöglich selbst basteln.

Können wir von Asien lernen? Wären Testungen im großen Stil auch bei symptomlosen Menschen die Lösung, so wie es Südkorea praktiziert? Eine Studie aus Island zeigt: 50 Prozent aller bei Massentests positiv Getesteten hatten überhaupt keine Symptome. Ähnliches zeigte sich im Städtchen Vò in Venetien. Dort hat man Corona (fast) besiegt: Nach ersten Infekten testete man die gesamte Bevölkerung durch. Das Gleiche hier: 50 Prozent der positiv Getesteten waren vollkommen symptomlos. Daraufhin wurden Infizierte strikt isoliert, das Städtchen zeitweise komplett abgeriegelt.

Die Dunkelziffern dürften also sehr hoch sein, entsprechend auch die Zahl der Verbreiter. Zum Glück wurde auch in Deutschland schnell erkannt: Die normale Arztpraxis und Krankenhausambulanz ist der falsche Ort, um Testungen vorzunehmen. Dort werden zu viele weitere Personen infiziert. Wichtig ist es, die „Hot spots“ zu identifizieren und wahrhaft gefährdete Patienten – ältere Menschen und solche mit Herz-Lungen-Erkrankungen – so gut wie möglich zu schützen. Man wird sehen, ob Schweden mit seiner sehr lockeren Handhabung der Pandemie richtig liegt. Viele Experten sehen das kritisch.

Für mich stellen sich aber auch fachliche Fragen im Umgang mit beatmungspflichtigen Schwerstkranken. Ein Intensivmediziner erklärt, Menschen sterben nicht am Virus, sondern an einer überschießenden Immunreaktion auf dieses Virus. Das müsste doch behandelbar sein! Was ist mit den modernen „Biologics“, die meist auf „imip“ oder „imap“ enden? Tatsächlich gibt es bereits Testungen und Studien, ebenso wie für virushemmende Mittel und alte Malariamittel. Jetzt gilt es vor allem, dramatische Verläufe bei Einzelfällen zu mildern und diese in den Griff zu kriegen. Diese Situation stellt uns auch vor viele bislang unbekannte Fragen nach ethischer Vertretbarkeit: Was ist mit dem Einsatz von Medikamenten im „off-label-use“ (Verabreichung außerhalb des durch die Behörden zugelassenen Gebrauchs)? Könnten eventuell sogar Hochdosis-­Vitamin-C-Infusionen – normale Nierenfunktion vorausgesetzt – etwas bewirken?

Und schließlich: Es wird – die aktuelle Diskussion zeigt es bereits – auch sehr schnell darum gehen, in ethisch adäquater Form einen Exit aus der weitgehend heruntergefahrenen Wirtschaft zu finden. Dass die zusammenbrechende Wirtschaft womöglich noch höhere Opferzahlen fordern wird, ist nicht von der Hand zu weisen. Jetzt gilt es abzuwarten und zu tun, was wir sofort tun können: andere nicht gefährden und uns selbst schützen.

Dr. med. Rainer Matejka