Herzinfarkt: bei Frauen oft ganz anders

Herzinfarkt: bei Frauen oft ganz anders

Liebe Leserin, lieber Leser,
eine Frau Mitte 50 leidet plötzlich unter Kurzatmigkeit und eigenartigen rheumaartigen Schmerzen in Oberkörperbereich und Handgelenken, dazu ausgeprägte Müdigkeit. Bei einer anderen kommt es auf einmal zu Angst, Schwitzen, Schwindel und Übelkeit. Würde man bei Schilderung solcher Symptome gleich an die Möglichkeit eines Herzinfarkts denken? Wohl eher nicht. Tatsächlich sollte man aber genau das tun und zumindest EKG und Schnelltest auf Herzenzyme im Blut veranlassen, was auch beim Hausarzt möglich ist. Denn die Symptome stellen sich bei Frauen ganz anders dar als beim Mann.

Die typische Symptomatik einer Angina pectoris mit Druck hinter dem Brustbein und Ausstrahlung in den linken Arm wird als Standardsymptom des Herzinfarktes beschrieben, trifft aber vor allem auf den Mann zu. Bei Frauen sollten stattdessen auch atemabhängige, stechende und auf Hindrücken auslösbare Symptome durchaus verdächtig sein, werden aber mitunter bagatellisiert oder als vermutlich „muskulo-skelettal“-bedingt eingestuft.

Frauen vor der Menopause sind vor Herzinfarkten durch Östrogene recht gut geschützt, danach steigt das Risiko aber stark an. Die Sterblichkeit am Herzinfarkt ist höher als bei Männern, weil die auf den ersten Blick oft untypischen Symptome nicht richtig gedeutet werden und Behandlungen verspätet und inkomplett einsetzen. Das Frauenherz weist einige physiologische Besonderheiten auf, die es vom Männerherz unterscheidet. Herzerkrankungen sind aber auch bei Frauen die häufigste Todesursache und häufiger als alle Tumor­erkrankungen zusammen!

Wegweisend für ein mögliches Herzinfarktrisiko sind bestehende Risikofaktoren: ein nach den Wechseljahren nicht erkannter oder nicht genügend behandelter Bluthochdruck, unbehandelte hohe Non-HDL-Cholesterine („Non HDL“ bedeutet: alle Cholesterinkomponenten außer dem „guten“ HDL). Diabetes steigert das Infarktrisiko um 45 Prozent, Rauchen um 25 Prozent. Weitere Risiken sollen Fehl- oder Frühgeburten und die Einnahme von Verhütungsmitteln in der Vorgeschichte sein, ferner ein in jüngeren Jahren aufgetretenes polyzystisches Ovarsyndrom als Zeichen der hormonellen Dysbalance, Brustkrebs und Autoimmunerkrankungen.

Medizinischer Fortschritt ist vor allem Erkenntnisfortschritt. Dementsprechend empfiehlt eine Expertin – neben sorgfältigerer Betrachtung obiger Kriterien – die Einrichtung spezieller Frauen-Herzzentren, wie es sie schon in den USA gibt („Women’s Heart Center“) – mit gutem Erfolg!

Herzlich
Dr. med. Rainer Matejka