Nicht hopp und nicht top

Nicht hopp und nicht top

Liebe Leserin, lieber Leser,

zu zwei Themen kann ich mir einfach keine eindeutige Pro- bzw. Contra-Meinung bilden: Impfung und Organspende. Ersteres löste kürzlich wieder heftige Diskussionen aus. Ein Filmemacher hatte das Sujet als Dokumentation persönlicher Erlebnisse aufgearbeitet und erhebliche Verunsicherung signalisiert. Prompt hagelte es Kritik: Wie könne man ein so wichtiges Thema nur derartig zwiespältig darstellen? Die Vorteile von Impfungen seien schließlich eindeutig und immer wieder belegt worden. Nur eine Handvoll „Fanatiker“ lehnten die Impfung ab.

Woran soll sich der Laie halten, wenn sich vehemente Befürworter und Gegner, aber auch Vertreter eines „Sowohl-als-auch“ finden? Wer sich orientieren will, soll die Logik und Plausibilität der verschiedenen Argumente auf sich wirken lassen. Beim Impfen sollten sich Ärzte hinterfragen, ob ein willenloses, unreflektiertes Nachplappern der Empfehlungen von Impfkommissionen das Wahre ist. Dass Sitzungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) sozusagen im Geheimen stattfinden, es keine Protokolle für die Öffentlichkeit gibt und die Mitglieder des Ausschusses zudem Stillschweigen über den Sitzungsinhalt zu wahren haben, sollte zu denken geben. Vor ein paar Jahren äußerte das Deutsche Ärzteblatt Verwunderung darüber, dass es Impfbefürwortern nicht suspekt erscheint, wenn ehemalige Vorsitzende der STIKO wiederholt auf hochdotierte Posten bei Impfstoffherstellern wechseln … Das Deutsche Grüne Kreuz behauptete, Impfstoffe gehörten zu den „sichersten und harmlosesten“ Arzneimitteln überhaupt. Einen Beipackzettel der Impfstoffe hat von diesem Trupp wohl niemand gelesen. Sonst hätte man von der Gefahr neurologischer Erkrankungen, Lähmungen und Todesfällen als mögliche Folge der Impfung erfahren (in diesem Fall bei einer Hepatitis-B-Impfung).

Dass alle Impfungen von vornherein hochgefährlich und überflüssig sind, erschließt sich mir aber auch nicht. Vor allem nicht, wenn man die Praxis der Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Polio in Augenschein nimmt. Auch die Grippeimpfung bei Hochrisikopatienten mit kombinierten Herz- und Lungenerkrankungen ist sicherlich eine sinnvolle Option, ebenso bestimmte Reiseimpfungen für exotische Länder. Auch wüsste ich nicht, was ich Eltern eines an Meningitis erkrankten Kindes sagen soll, wenn ich vorher eine Impfung gegen Masern ausgeredet habe. Individuell abwägen und selbstbestimmt entscheiden ist sicher der beste Weg.

Bei der Organspende wird derzeit eine Widerspruchslösung diskutiert. Demnach soll jeder Organspender sein, der nicht ausdrücklich widerspricht. Ein Versuch, die Spendenbereitschaft zu steigern. Exakt den gleichen Ansatz hatte man ja in den 1980er Jahren bereits ausufernd besprochen. Wer Organspende verantwortlich fördern will, muss für etwas anderes eintreten: für Wahrhaftigkeit. Dazu gehört auch, endlich auf Formulierungen wie „nach dem Tod“ zu verzichten. Die Spenderorgane können nur von einem noch lebenden Organismus entnommen werden, wobei der Begriff „Hirntod“ immer wieder im Kreuzfeuer von Kontroversen steht. Erklären müsste man zudem, warum bei der Organentnahme in Deutschland keine, in der Schweiz aber sehr wohl eine Anästhesie durchgeführt wird. Und offensiv sollten wir darüber aufgeklärt werden, dass nicht zwingend nur ein Organ entnommen wird. In manchen Fällen gibt der „Spender“ beispielsweise Leber, Nieren, Lunge und Augen-Hornhaut her – was den gegnerischen Vorwurf des „Ausweidens“ nicht ganz abwegig erscheinen lässt. Schwierige Entscheidungen, die es für Betroffene und Angehörige zu treffen gilt …
Mit abwägenden und wohlüberlegten Grüßen

Dr. med. Rainer Matejka