Aus der ärztlichen Praxis

Blutbestrahlung mit UV-Licht half bei quälendem Tinnitus

Dr. med. Konrad Taubert

Der 67jährige Gerhard Dietz, früher als Berufsschullehrer tätig, erlitt im Sommer 2004 einen Hörsturz mit beträchtlichem Hörverlust, Geräuschen im rechten Ohr und Schwindelgefühlen. Er wurde in eine HNO-Klinik eingewiesen und mit Infusionen behandelt. Danach ging es ihm psychisch besser, an den Beschwerden im HNO-Bereich hatte sich aber nichts geändert. Wegen der Hörminderung wurde ein Hörgerät verordnet.

Eine Untersuchung durch das MRT (Magnetresonanztherapie/Kernspintomographie) zeigte keine Ursache für die Beschwerden. Weil im Röntgenbild degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule zu sehen waren, wurde vermutet, daß die Symptome davon ausgelöst wurden. Mit dieser Fragestellung kam Herr Dietz schließlich in meine naturheilkundliche Praxis. Tatsächlich findet man bei einem 67jährigen Patienten fast immer Abnutzungserscheinungen an der Halswirbelsäule. Ob diese den Hörsturz verursachen, ist fraglich. Ich kenne nur wenige Patienten, deren Ohrgeräusche nach einer Chirotherapie verschwanden.

Das Gehirn kann lernen, die Geräusche auszublenden
Durch eine Studie an 15.000 Patienten mit Ohrgeräuschen (Tinnitus) zeigte sich, daß vor allem Menschen, die alles sehr genau nehmen, Tinnitus bekommen. Einige Berufsgruppen sind überdurchschnittlich betroffen, wie etwa Lehrer. Ich klärte ihn daher vor der Behandlung über zwei wesentliche Aspekte in der Tinnitusbehandlung auf:

Aufmerksamkeit verstärkt Ohrgeräusche, Ablenkung schwächt sie. Diese Erfahrungen macht fast jeder Tinnituspatient. Am Tag merkt er unter Umständen kaum etwas von den Ohrgeräuschen, manchmal sogar nichts. Aber morgens und abends, im Bett oder in Zeiten der Ruhe nimmt er die Geräusche viel stärker wahr, da ihn nichts mehr davon ablenkt. Die Schlußfolgerung ist, daß der Betroffene sich so wenig wie möglich mit dem Ohrgeräusch beschäftigen sollte. Das fällt aber gerade den peniblen Menschen besonders schwer. Sie quälen sich mit Fragen zu Ursachen und Gründen für ihr Leiden. Zu viele Gespräche über ihr Problem verstärken das Geräusch, besonders dann, wenn man sich darüber aufregt, ärgert oder ängstigt. Also empfahl ich Herrn Dietz, nur mit mir darüber zu sprechen und sonst das Thema beiseite zu schieben. Je weniger er daran denkt, desto seltener wird der Tinnitus auftreten.

Einige Experten meinen, daß Ohrgeräusche durch das Absterben von Haarzellen im Innenohr auftreten. Dann müßte der Ton immer vorhanden sein. Das kommt auch vor. Oft wird er aber leiser oder bleibt sogar ganz weg. Das heißt, das Gehirn ist in der Lage, dieses Geräusch auszublenden, ähnlich dem dauerhaften Lärm einer befahrenen Straße. Hierzu muß der Betroffene die Ruhe und Gelassenheit finden, sich von der Störung ab- statt hinzuwenden und sie zu „vergessen“. Wer unter Tinnitus leidet, hat meist zu viel „um die Ohren“. Ich riet daher Herrn Dietz, täglich etwas länger zu schlafen, etwas für seine Entspannung zu tun (modifiziertes Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder andere Entspannungsverfahren) und Streß möglichst aus dem Wege zu gehen.

Ginkgo-Präparate sind im Rahmen einer komplexen Therapie sehr sinnvoll. Ich empfahl Herrn Dietz 120 mg Ginkgo, anfangs zweimal am Tag (zum Beispiel Tebonin intens® und Rökan novo®). Da Untersuchungen ergaben, daß Tinnituspatienten oft unter Zink- und Magnesiummangel leiden, habe ich ihm auch diese Mineralien empfohlen. Weil ein Magnesiummangel zu Gefäßverkrampfungen und damit zu Durchblutungsstörungen führt, ist ein Versuch gerechtfertigt. Hier verordnete ich zweimal täglich 300 mg Magnesium (Magnesium Verla® oder Magnesium-Diasporal®, Tbl.). Zusätzlich sollte eine Zinktablette (z. B. Unizink® oder Zinkorotat-Pos®) eine Stunde vor dem Mittagessen genommen werden.

Eigenblut wird ultraviolett
bestrahlt und wieder injiziert
Besonders wichtige Behandlungsmethoden bei Ohrgeräuschen sind nach meiner Erfahrung die Ultraviolettbestrahlung des Blutes (UVB nach Wiesner) und die Akupunktur. Da der Patient zusätzlich Kreuzschmerzen hatte, setzte ich zuerst die Akupunktur ein, die sich für eine Schmerztherapie besonders eignet. Dadurch kam es zu einer gewissen Besserung. Das Ohrgeräusch wurde etwas geringer und blieb manchmal sogar ganz weg. Einen Monat nach der Akupunktur waren die Beschwerden aber wieder auf dem alten Stand. Ich empfahl deshalb die Ultraviolettbestrahlung des Blutes (UVB). Dabei werden dem Patienten 50 ml Blut entnommen, ultraviolett bestrahlt und anschließend wieder injiziert.

Schon nach der ersten Behandlung berichtete Herr Dietz über eine wesentliche Besserung. Nach der dritten Behandlung freute er sich darüber, daß er seit einigen Tagen sein Hörgerät nicht mehr benötigte, keine Ohrgeräusche mehr hatte und die HNO-Ärztin bei ihm die gleiche Gehörleistung wie vor dem Hörsturz festgestellt hatte. Man sollte im Fall von Tinnitus daher immer an die UVB denken. Die Ergebnisse sind umso besser, je schneller die Methode nach dem Hörsturz eingesetzt wird

Den Artikel zu dieser redaktionellen Einleitung finden Sie in der Naturarzt-Druckausgabe 3/2005