Verblüffend einfach kommunizieren
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Bewusstsein

Verblüffend einfach kommunizieren

Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf

Von klein auf kommunizieren wir in vertrauten Mustern – so, wie wir es in unserem Elternhaus und im Kindergarten und in der Schule gelernt haben. Trotz guten Willens kommt es immer wieder zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen. Sie lassen sich leicht vermeiden.

Das LINGVA ETERNA® Kommunikationsmodell betrachtet die Kommunikation als einen Prozess mit fünf Schritten. Diese fünf Schritte sind die Intention, die Ansprache, der Rahmen, der Diskurs und als letztes der Abschluss. Das Fehlen eines oder mehrerer Schritte und auch deren Vertauschung in der Reihenfolge führen zu einer Störung des Ablaufs und der Wirksamkeit des Gesagten.

Es ist üblich, Kommunikation aus einem psychologischen Blickwinkel zu betrachten. Dann stehen beispielsweise Wünsche und Bedürfnisse sowie die eigene emotionale Befindlichkeit im Vordergrund, aus der heraus jemand kommuniziert. Die Analyse der Struktur der Kommunikation ist ein neuer Ansatz und zeigt eine weitere Ebene. Ich nenne dazu zwei konkrete Beispiele. In ihnen geht es um den Rahmen (dritter Schritt) und den Diskurs (vierter Schritt).

Beispiel: regelmäßige Tabletteneinnahme
Die Patientin Hannah B. bekam für die Behandlung ihrer wiederkehrenden Kopfschmerzen folgende Aussage ihres behandelnden Arztes mit auf den Weg: „Hier ist das Rezept. Es ist wichtig, dass Sie das Medikament regelmäßig morgens und abends einnehmen.“ Danach schob Dr. Schneider ihr das Rezept hin und sagte mit einem Kopfnicken: „Alles Gute!“ Hannah B. verließ die Praxis, kaufte das Präparat in der Apotheke – und nahm es nur kurz ein. Dann ließ sie es weg. Ihr Arzt erlebte dieses Phänomen bei seinen Patienten immer wieder.

Bei seiner ihm vertrauten Vorgehensweise fehlte in der Kommunikation der vierte Schritt, der Diskurs, und mit ihm die Handlungsaufforderung. Diesem schenkt er inzwischen regelmäßig Beachtung und erlebt staunend die Wirkung. Seine Kommunikation klingt nun so: „Frau B. (Ansprache), hier ist das Rezept. Es ist wichtig, dass Sie das Medikament regelmäßig einnehmen (bis hierher Rahmen). Nehmen Sie es bitte täglich morgens und abends zu den Mahlzeiten ein (Diskurs). Ich wünsche Ihnen alles Gute!“ (Abschluss mit einem vollständigen Satz)

Die Erfahrung zeigt, dass Patienten auf diese Weise die Therapieempfehlungen deutlich zuverlässiger befolgen.

Beispiel: auf die eigenen Grenzen achten
Julia H. ging oft über ihre Grenzen. Sie wusste zwar, dass sie etwas langsamer tun musste, doch empfand sie sich als unhöflich, wenn sie jemandem eine Bitte verwehrte, und willigte letztlich fast immer ein. Früher versuchte sie ein „Nein“ und sagte dem Bittsteller: „Ich backe keinen Kuchen für das Gemeindefest, weil es mir zu viel wird.“ Mit dem „weil“-Satz verdrehte sie den Rahmen und den Diskurs. Damit war es für ihn leicht, sie mit ein paar Komplimenten zum Backen zu überreden. Danach ärgerte sie sich regelmäßig. Als sie die nachteilige Wirkung von „weil“ erkannte, baute sie ihre Kommunikation anders auf. Jetzt antwortet sie in einer solchen Situation so: „Ich habe derzeit viel zu tun (Rahmen). Darum sage ich dir für dieses Mal ab. Ich wünsche dir, dass du jemand anderen dafür findest!“ (Diskurs) Damit geht es ihr gut und ihrem Gesprächspartner auch.

Mit der richtigen Reihenfolge der Schritte gelingt Julia H. die Kommunikation inzwischen leicht, und sie hat auch für die Zukunft ein Muster, das sie immer wieder anwenden kann.

Das Kommunikationsmodell ist vielfältig anwendbar. Es ist ein sicheres Geländer. Mit ihm ist es möglich, bevorstehende Gespräche vorzubereiten und auch bereits erfolgte Gespräche nachträglich zu analysieren. Wer die fünf Schritte regelmäßig übt, ist schon bald in der Lage, eine krisenfeste Kommunikation zu führen.

Weiterführende Literatur
M. v. Scheurl-Defersdorf, T. v. Stockert: Sprache und Wirkung, Lingva Eterna, Fürth 2022

Autorin
Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf, Sprachwissenschaftlerin, Kommunikationstrainerin und Autorin zahlreicher Bücher. Sie hat das LINGVA ETERNA® Sprach- und Kommunikationskonzept gemeinsam mit dem Arzt und Neurowissenschaftler Dr. Theodor von Stockert entwickelt. Sie machen die heilsame Kraft der Sprache bewusst und leiten Menschen an, einengende Sprachmuster zu erkennen und zu wandeln. www.lingva-eterna.de