Arzneimittelkosten: Ab durch die Decke

Liebe Leserin, lieber Leser,

2007 stiegen die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) um 6,7 Prozent, und auch im ersten Halbjahr 2008 gingen sie mit etwa 5,7 Prozent nach oben. Und dies trotz Rabatt­verträgen, Preissenkungen im ­Bereich der Generika (Nachahmerpräparate mit gleichem Wirkstoff) und diversen anderen Kostendämpfungsmaßnahmen. 1993 lagen die GKV-Ausgaben für Arzneimittel (umgerechnet) bei 14,2 Milliarden Euro, 2007 waren es 27,8 Milliarden – und Ende 2008 wird es unterm Strich deutlich mehr als das Doppelte von 1993 sein.

Man stelle sich vor, die Patienten wären heute medikamentös wirklich doppelt so gut versorgt wie vor 15 Jahren! Teurer ist jedoch nicht automatisch besser, manchmal sogar schlechter. Bei vielen Erkrankungen, neben Rheuma unter anderem bei chronischen Darmentzündungen, Bluthochdruck oder auch Depressionen, fällt mir auf: In der Therapie werden zunehmend „neue“ und extrateure Arzneimittel verordnet, deren Zusatznutzen mitunter fraglich und deren Nebenwirkungspotential oft erheblich ist und vor allem – es gibt noch keine Langzeiterfahrungen.

Während für niedergelassene Ärzte ­ansonsten Budgetbegrenzungen mit entwürdigenden Regressandrohungen existieren, gelten diese Beschränkungen bei zahlreichen der neuen, besonders teuren Arzneien nicht. Die Ausgaben für solche patentgeschützten Medikamente sind in den letzten 15 Jahren um 600 bis 700 Prozent gestiegen (auf etwa 10 Milliarden Euro in 2008).

Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zeigen nicht nur Erfahrungen in ausgewählten Kliniken, sondern auch Patientenberichte, dass etwa eine Ernährungsumstellung oft in der Lage ist, den durch das Krankheitsbild hervorgerufenen Entzündungsdruck zu mindern. Vor allem vegetarisch aus­gerichtete Ernährungsformen, mediterrane und glutenfreie Kost haben sich als krankheitslindernd herausgestellt. Die stärkste Wirkung entfaltet das Heil­fasten.

Solchen Zusammenhängen käme auch eine gesundheitsökonomische Bedeutung zu, denn gerade die mehr und mehr verordneten modernen Entzündungshemmer (siehe Rheuma-Artikel, S. 8–10) tragen durch ihre exorbitanten Preise dazu bei, dass die Arzneimittelkosten durch die Decke gehen. Betrachtet man allerdings einschlägige Leitlinien, werden Ernährungsfragen dort nur Randnotizen gewidmet. Man braucht sich daher nicht zu wundern, wenn in zahlreichen Rheumakliniken weiter nach dem Motto „Essen Sie was Ihnen schmeckt“ verfahren wird.

Es ist sicher segensreich, überall dort, wo die herkömmliche Therapie nicht ausreicht, auf moderne teure Verfahren zurückgreifen zu können. Auch bei Rheuma kann trotz aller Ernährungs- und sonstigen naturheilkundlichen Verfahren meist nicht ganz auf stark wirksame Arzneien verzichtet werden. Jedoch sollte der Einsatz neuartiger und in ihrem Nebenwirkungspotential noch nicht richtig einschätzbarer Substanzen dem Einzelfall vorbehalten bleiben und nicht von Interessengruppen zur ersten Wahl oder, wie es heute heißt, „First-­line“-Therapie erklärt werden.

Mit den besten Grüßen