Der „Jedermannsbefund“

Der „Jedermannsbefund“

Liebe Leserin, lieber Leser,
vor langer Zeit gab es vor allem in Landarztpraxen Patienten, die nach einer Spritze fragten, die „für alles“ gut sei. Meist lief das Ganze dann auf eine Vitamin-B/Folsäure-Spritze hinaus, die tatsächlich oft sehr positive Auswirkungen hatte. Seinerzeit berichteten viele Patienten, sie litten an einem Morbus Scheuermann, einem einst gehäuft gestellten Befund an der Wirbelsäule. Irgendwie scheint „der Scheuermann“ ausgestorben zu sein, jedenfalls habe ich ihn in den letzten Jahren in Radiologenbefunden nicht mehr entdeckt.

Einen Befund möchte ich jedoch heutzutage als absoluten „Jedermannsbefund“ bezeichnen: eine stark verspannte, „knüppelharte“ Schulter-Nacken-Muskulatur, oft auch kombiniert mit ungleichem Schulterstand. Vor allem der Trapezmuskel ist besonders betroffen, oft mit Muskelhärten, die man als Myogelosen bezeichnet. Der Naturheilarzt Johann Abele bezeichnete diese Verhärtungen als typischen Ausdruck der muskulären Übersäuerung. Die Auswirkungen führen neben einem hartnäckigen Verspannungsgefühl oft zu Kopfschmerzen, eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule, Schwindel, Tinnitus und Sehstörungen.

Ursachen für dieses Pro­blem sind sicherlich in erster Linie Dauerstress und Bildschirmarbeit. Deswegen sind ergonomisches Sitzen, ausreichend große Bildschirme sowie regelmäßige Bewegung und Entspannung angezeigt. Maßgeblich erscheint mir aber auch, dass mit der seit Jahren mit quasi-religiöser Inbrunst propagierten „Digitalisierung“ vieles keineswegs einfacher wurde. Es ist eben oft nicht mit einem „Klick“ getan, sondern erweist sich mitunter als äußerst umständlich, pannenanfällig und zeitaufwendig. Man kann ganze Abende vor dem Bildschirm verbringen, um Anliegen zu klären, die ehedem durch einen kurzen Anruf und Zusenden von ein paar Unterlagen erledigt werden konnten. Letztendlich dient diese Form der Digitalisierung (von Kritikern oft als „Fassadendigitalisierung“ bezeichnet) weniger dazu, den Bürger zu entlasten, sondern der Personaleinsparung.

Gegen den harten Nacken helfen aus Sicht der klassischen Naturheilkunde eine ganze Reihe von Maßnahmen, z. B. das blutige Schröpfen. Hilfreich im Akutfall ist auch die Kombination mit der Neuraltherapie nach Huneke. Ein harter Nacken ist meist auch Zeichen energetischer Fülle, die im Sinne der traditionellen chinesischen Medizin abzuleiten ist. Geeignete Verfahren sind Akupunktmassage nach Penzel, oft auch Craniosakraltherapie oder Osteopathie.

Der harte Nacken bedeutet irgendwo auch: Den allermeisten sitzt eine Last im Nacken … Und die lässt sich nur durch Bewusstmachen und viel Eigenantrieb reduzieren.

Dr. med. Rainer Matejka