Sommerzeit – Belastung für unseren Biorhythmus?

Sommerzeit – Belastung für unseren Biorhythmus?

Liebe Leserin, lieber Leser,
Ende März wurde die Uhrzeit wieder auf Sommerzeit umgestellt und wie jedes Jahr beklagen Schlafforscher die ungünstigen Auswirkungen auf natürliche Biorhythmen. Vor Beginn der Corona-Krise wollte die EU die Zeitumstellung abschaffen. Angeblich seien keine positiven Effekte damit verbunden und mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit nicht unerheblich. Die ersten Verhandlungen zeigten schon auf, dass man sich wohl kaum auf eine einheitliche Zeit einigen würde. Es drohte ein Flickenteppich mit diversen Zeitzonen. Mit Corona ab 2020 und dem Überfall auf die Ukraine ab 2022 war das Thema dann erst einmal vom Tisch.

Im Deutschen Uhrenmuseum in Furtwangen/Schwarzwald gibt es eine Hans-Lang-Uhr mit diversen Zeitanzeigen. Eine dieser Anzeigen beschreibt eine „wahre Sonnenzeit“. Wenn ich das recht verstanden habe, müsste diese Zeit die für die Natur des Menschen optimale Zeit sein. Sie liegt in Mitteleuropa demnach etwa auf dem Längengrad von Straßburg. Dort würden also Sonnenauf- und untergang genau dem natürlichen Biorhythmus des Menschen entsprechen. Am 1. April geht in Straßburg die Sonne um 7.08 Uhr auf, um 19.58 Uhr unter. Das bedeutet: Auch Basel, das Rhein-Main-Gebiet, Ruhrgebiet und Ostfriesland liegen günstig. Was ist aber mit anderen Orten in unserer Zeitzone? In Debrecen in Ostungarn geht die Sonne bereits um 6.14 Uhr auf und schon um 19.01 Uhr unter, in Vigo in Westspanien dagegen erst um 8.19 Uhr auf und um 20.59 Uhr unter. Demnach haben wir praktisch drei Zeitzonen zwischen Westspanien und Ungarn, faktisch ist es aber eine einzige. Erst Rumänien, Bulgarien und Litauen sind „eine Stunde weiter“ – genau wie die Ukraine.

Was ich damit sagen will: Unter den Menschen gibt es die als Lerchen bezeichneten Frühaufsteher und die als Eulen bezeichneten Nachtmenschen. Trotzdem kenne ich keine Statistik, die eine höhere oder niedrigere Lebenserwartung oder ein bestimmtes Krankheitsrisiko einer der beiden Gruppen widerspiegelt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es – vom Lebensstil abgesehen – signifikante zeitzonenbedingte Erkrankungsunterschiede zwischen den Bürgern im östlichen Ungarn und Westspanien gibt. Deshalb zweifle ich daran, dass die Zeitumstellungen im Frühjahr und Herbst die von einigen behaupteten Auswirkungen haben.

Ich gebe an dieser Stelle zu: Ich bin dafür, alles so zu belassen, wie es ist – mit Zeitumstellung im Frühjahr und Herbst –, wohl ahnend, dass vermutlich eine Mehrheit der Leser gänzlich anderer Meinung ist. Auf die Frage, wie lange ich denn brauche, um mich nach der Zeitumstellung umzugewöhnen, antworte ich: „unverzüglich“. Es machte und macht mir nichts aus und ich empfinde die längeren Abende im Frühjahr und Sommer als einen merklichen Gewinn an Lebensqualität.

Mit sonnigen Grüßen

Dr. med. Rainer Matejka