Diabetologie – bekommt sie doch die Kurve?

Diabetologie – bekommt sie doch die Kurve?

Liebe Leserin, lieber Leser,
Diabetes Typ 2, der sogenannte Altersdiabetes, ist zu einer weltweiten Pandemie geworden. Rasante Steigerungsraten gab es in den letzten Jahren vor allem in Süd- und Mittelamerika, auf der Arabischen Halbinsel und in Teilen Asiens – bei weiter hohem Niveau in Nordamerika und Europa. Man sollte allerdings aufhören, die Normbereiche für den Langzeitzucker HbA1c immer weiter herabzusetzen, denn auch dadurch werden neue Diabetiker produziert. Ich halte es mit der US-Norm: Werte ab 6 bedeuten Grauzone, ab 6,5 % liegt ein Diabetes definitiv vor.

Jahrelang zielte die Therapie auf eine radikale Senkung des Blutzuckerspiegels ab, bis man merkte, dass das Risiko medikamentös erzeugter Unterzuckerungen mögliche Schäden durch einen nicht so streng eingestellten „Zucker“ deutlich übersteigt. Zunehmend setzte sich daher – endlich – die Erkenntnis durch: Der Typ-2-Diabetiker hat in den meisten Fällen keinen Insulinmangel, sondern eine Insulinresistenz. Das Insulin wirkt sozusagen nicht richtig.

Die ursächlichen Gegenmaßnahmen sind zwei Naturheilverfahren, auch wenn sie so meist nicht bezeichnet werden: Ernährungsumstellung mit Reduktion tierischer Fette, Fleisch und isolierter Kohlenhydrate mit dem Ziel einer Gewichtsnormalisierung und Zurückdrängung einer nicht-alkoholisch bedingten Fettleber, die als besonderer Diabetes-Treiber gilt. Vegetarisch betonte Vollwertkost würde also gut passen.

Das zweite Verfahren: die regelmäßige, tägliche Bewegung bzw. moderater Sport. Allein der Umbau von Fett in Muskelmasse wirkt schon ein Stück antidiabetisch. Zumindest bei 75 – 80 % der Betroffenen sollte durch nachhaltige Lebensstiländerungen eine gute Blutzucker-einstellung ohne Medikamente möglich sein. In vielen Fällen wäre der Diabetes sogar heilbar.

Dass diese Erkenntnisse nicht viel nachhaltiger umgesetzt werden, hat aus meiner Sicht auch mit den Strukturen des deutschen Gesundheitswesens zu tun: Diabetologen verdienen angeblich mehr, wenn Diabetes-Patienten auf Insulin eingestellt werden. Und viele wenig motivierte Versicherte machen das aus Bequemlichkeit mit. Selbst die Krankenkassen profitieren mittels dem für Beitragszahler völlig intransparenten Risikostrukturausgleich. Dieser bedeutet vereinfacht, dass eine Krankenkasse, die viele auf Insulin eingestellte Diabetiker versichert, Geld von Krankenkassen erhält, die viele motivierte Diabetiker versichert, die kein Insulin benötigen. So etwas nennt man in Deutschland dann „Solidargemeinschaft“ und es zeigt gleichzeitig, wie naiv es ist zu glauben, die Kassen wollen Geld sparen … Ziel ist vor allem Wachstum!

Dr. med. Rainer Matejka