Krebsregister mit positivem Trend

Krebsregister mit positivem Trend

Liebe Leserin, lieber Leser,

in Deutschland gab es lange keine Krebsregister, was zu Recht kritisiert wurde, da ein solches womöglich wichtige Hinweise auf Häufungen in bestimmten Regionen und damit mögliche Ursachen aufgezeigt hätte. In einer im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Untersuchung wurde nun anhand von Leichenschauscheinen die Zahl der Krebstoten in der Stadt Hamburg für die Jahre 1872 bis 2019 betrachtet. Ganz allgemein war Anfang des 20. Jahrhunderts eine erhebliche Zunahme an Krebstodesfällen zu verzeichnen. Ursächlich war aber wahrscheinlich eine bessere statistische Erfassung, denn davor gab es in weiten Regionen keine Verpflichtung zu einer ärztlichen Leichenschau.

Die Todesursachenstatistik der Stadt Hamburg unterscheidet sich da in mehrfacher Hinsicht: Dort gibt es bereits seit 1812 die verpflichtende ärztliche Leichenschau für alle Verstorbenen. Schon früh wurden zudem echte Sterbestatistiken erstellt, differenziert nach Kalenderjahr, Alter und Geschlecht. Das sind Anforderungen, die erst 1949 in der Bundesrepublik Deutschland flächendeckend eingeführt wurden.

Die Statistik zeigt nun Folgendes: Die Krebsmortalität stieg von 1872 bis 1951 auf den ersten Blick kontinuierlich an. Das hängt aber mit der veränderten Altersstruktur zusammen. Betrug die Zahl der über 60-Jährigen 1895 nur 6 %, lag sie 1974 schon bei über 25 %. Nach „Altersstandardisierung“ der Werte zeigte sich somit kein klarer Anstieg zwischen 1872 und der unmittelbaren Nachkriegszeit. Danach kam es jedoch bei Männern zu einer deutlichen Zunahme bis 1975, bei Frauen lag der Höchstwert im Jahr 1986. Ursache für den Anstieg der Fallzahlen ab den 1950er-Jahren war vor allem die starke Zunahme von Lungenkrebs. Erfreulich ist aber nun: Nach dem Überschreiten der Gipfel fielen die Fallzahlen bis 2019 wieder deutlich ab; bei Männern von 347/100.000 auf 275, bei Frauen von 323 auf 234.

Krebsbedingte Todesfälle scheinen also zurückzugehen. Das dürfte nicht nur damit zu tun haben, dass sich in den letzten Jahren eine Reihe innovativer Behandlungskonzepte etablieren konnte und weitere „in der Pipeline“ sind – statt immer nur Chemo und Bestrahlung. Auch das steigende Gesundheitsbewusstsein in zunehmenden Teilen der Bevölkerung sollte sich auswirken: Man achtet mehr auf bewusste Ernährung und Bewegung, es wird weniger Bier und Schnaps getrunken. Das Risiko, zum Passivraucher wider Willen gemacht zu werden, ist drastisch gesunken. Viele, ehedem als „schmutzig“ bezeichnete Arbeitsplätze gibt es nicht mehr bzw. die Arbeitsbedingungen haben sich erheblich verbessert. Letztendlich also ein „multimodales“ Ursachengeflecht, das – zusammen mit neuen Therapien – Hoffnung macht.

Dr. med. Rainer Matejka