Blutdruckmessung: ganz schön schwierig …

Blutdruckmessung: ganz schön schwierig …

Liebe Leserin, lieber Leser,
am Ende meines Studiums dozierte ein Professor über etwas scheinbar Banales: die korrekte Blutdruckmessung mit der auch heute noch üblichen indirekten Messung nach Scipione Riva-Rocci (1863 – 1937) und Nikolai Korotkow (1874 – 1920).

Er sagte, dass die meisten Ärzte nicht wissen, wie man den Blutdruck korrekt misst. Wichtig sei, den ersten Wert (Systole) bei deutlichem Hören des Pulsschlages (nicht etwa schon bei den ersten leisen Tönen) zu registrieren, den zweiten Wert (Diastole), wenn der Pulsschlag nicht mehr zu hören ist. Und außerdem sei ein einziger erhöhter Wert kein Beleg für einen behandlungsbedürftigen Bluthochdruck. Es gelte die biblische Sieben: Siebenmal zu unterschiedlichen Zeiten müsse ein erhöhter Druck gemessen werden, dann könne von einer Hypertonie ausgegangen werden.

Jahrzehnte später in einer Kardiologiefortbildung mit dem für eine rein schulmedizinische Veranstaltung bemerkenswerten Titel „Herz und Seele“ erzählte der Referent – Chefarzt einer großen Klinik – Folgendes: „Die meisten Ärzte wissen nicht, wie man korrekt Blutdruck misst…“ und führte aus: „Der erste Wert wird registriert, wenn die ersten Anzeichen des Pulses zu hören sind, der zweite, wenn der Pulsschlag beginnt leiser zu werden.“

Faktisch ist das das genaue Gegenteil der damaligen Aussage des Uni-Professors, und außerdem würde die letztere Version massenhaft mehr Hochdruckler produzieren. Nun fand ich eine Anleitung der Universität zu Köln zum Thema. Dort steht unter anderem: „Druckwert am Manometer ablesen, sobald der erste Klopfton deutlich hörbar wird. Beim letzten Klopfton (oder wenn die Geräusche deutlich leiser werden) den diastolischen Druck ablesen.“

Das spricht doch sehr dafür, dass der Uni-Professor von einst recht hatte! Der Kölner Leitfaden sagt außerdem, dass Patienten vor der Messung 15 Minuten Ruhepause einhalten sollten. Bei Erstmessungen beidseits messen – es gilt der höhere Wert. Gemessen werden kann im Stehen, Sitzen oder Liegen. Wichtig ist: Die Bedingungen müssen immer gleich sein, um vergleichen zu können. Und der Arm sollte von Kleidung befreit sein. Keine engen Ärmel hochkrempeln.

Sie werden sagen: Blutdruck kann man doch heute elek­tronisch messen. Genau, aber auch das hat Fehlerquellen und entspricht ebenfalls der erwähnten „indirekten Messung“. Langzeitblutdruckmessung? Sicher ein sinnvoller Weg, um festzustellen, ob ein behandlungsbedürftiger Blutdruck (zumeist ab 140/90 mmHg) vorliegt oder nicht. Oder Selbstmessungen zu unterschiedlichen Zeiten.

Dr. med. Rainer Matejka