Flexitarismus im Trend

Flexitarismus im Trend

Liebe Leserin, lieber Leser,
dass Ernährung bzw. Fehl­ernährung eine der Haupt­ursachen für Zivilisationskrankheiten ist, bestreitet heute niemand mehr. In der Ernährungswissenschaft ist Folgendes inzwischen weitgehender Konsens: weniger Tierprodukte, mehr vegetarische Kost, weniger Süßigkeiten, Süßgetränke und Fertignahrungsmittel, dafür mehr Gemüse und andere pflanzliche Lebensmittel.

Nach neueren Zahlen sollen 2 % der Bevölkerung Veganer und 10 % Vegetarier sein. Eine weitere Gruppe scheint stark im Wachsen: die Flexitarier, also Menschen, die zunehmend vegetarisch leben, aber ab und an Fleisch oder Fisch verzehren – bevorzugt aus artgerechter Tierhaltung. Der Vorteil des „Flexitarismus“: Er wirkt nicht so polarisierend und eröffnet Menschen, die strengen Vegetarismus aus unterschiedlichen Gründen ablehnen, einen pragmatischen Zugang zu einer gesünderen Ernährung.

Daher boomen u. a. auch diverse Fleischersatzprodukte. Es ist allerdings die Frage, ob eine Art pflanzliches Ersatzfleisch unbedingt sein muss oder ob gesündere Kost auch anders gedacht werden kann. Ich selbst bin jedenfalls nicht angetan, wenn aus Wraps oder Teigtaschen ein gräulich-bräunliches, undefinierbares Zeugs herausquillt, das wie Fleisch schmecken soll, aber keines ist. Jemand hat mal gesagt, im Rahmen einer vegetarischen Küche solle man nicht versuchen, die herkömmliche Küche geschmacklich und optisch zu imitieren, sondern die vielfältigen Möglichkeiten vorzugsweise pflanzlicher Lebensmittel herausarbeiten. Dabei spielen vor allem Kräuter, Gewürze und hochwertige pflanzliche Fette eine Rolle.

Für „Umsteiger“ lautet ein Rat: Immer mal einige Tage vegetarisch leben! Das entspricht den Empfehlungen des 1985 verstorbenen Frankfurter Professors Lothar Wendt, der sich jahrzehntelang mit der Eiweißverstoffwechselung beschäftigte und eine Reihe von Erkrankungen definierte, die er angesichts der verbreiteten Überernährung mit Tiereiweiß als „Eiweißspeicherkrankheiten“ bezeichnete. Dazu zählen Krankheiten wie das metabolische Syndrom mit Übergewicht bis hin zu diversen orthopädischen und neurologischen Erkrankungen nebst unterschiedlichsten Befindlichkeitsstörungen.

Er empfahl als Gegenmaßnahme, man solle einen Tag in der Woche, eine Woche im Monat, einen Monat im Jahr ein Tiereiweißfasten durchführen, was faktisch auf „Veggie Days“ und „Veggie Weeks“ hinausläuft. Ich finde, Wendts Empfehlungen sind aktueller denn je und ermöglichen auch Menschen, die einer streng vegetarischen Ernährung bislang ablehnend gegenüberstehen, einen gangbaren Einstieg in eine gesündere Ernährung – und dazu diverse neue Ernährungserlebnisse und Erfahrungen.

Dr. med. Rainer Matejka