Gesund durch eine „tödliche Infusion“

Liebe Leserin, lieber Leser,

entgegen landläufiger Meinung kennt auch die Schulmedizin Übersäuerungszustände. Sie spricht in diesem Zusammenhang von einer „metabolischen Azidose“ – also einem stoffwechselbedingten Übersäuerungszustand – oder von einer „respiratorischen Azidose“, die durch eine extrem eingeschränkte Atemaktivität zustande kommt. Besonders bei Schockzuständen, etwa im Rahmen von Unfällen oder schweren Herzinfarkten, kann eine Azidose auftreten, und der Notarzt bzw. der Intensivmediziner im Krankenhaus verabreicht entsprechende Baseninfusionen mit Natriumbicarbonat.

Den Zustand der chronischen Übersäuerung bei zahlreichen Zivilisationskrankheiten kennt die Schulmedizin in diesem Sinne jedoch nicht.

Einem Patienten, der seit Jahrzehnten an einem offenem Bein litt und im Rahmen einer Blutuntersuchung einen deutlichen Mangel an Basenpuffern aufwies, verordnete ich eine zuverlässige Nullachtfünfzehntherapie: weniger Fleisch und Wurst und eine Reihe von Baseninfusionen – genau die gleichen, die der Notarzt im Schockzustand einsetzt. Bereits nach wenigen Wochen waren hartnäckige Schmerzen verschwunden, nach wenigen Monaten das jahrzehntelang offene Bein zu. Als der Patient dies einem anderen Arzt mitteilte und ihm eine als Souvenir behaltene leere Infusionsflasche zeigte, sprach dieser von einer „tödlichen Infusion“…

In der Naturheilkunde werden „Baseninfusionen“, häufig noch ergänzt durch Mineralstoffe und homöopathische Arzneimittel, bei einer Reihe chronischer Erkrankungen eingesetzt, insbesondere bei rheumatischen Erkrankungen. Allerdings sollten wir uns davor hüten, jedwede Erkrankung auf Übersäuerungszustände zurückzuführen und schlußzufolgern, allein durch konsequente Entsäuerung könnte man alles heilen. So leicht ist es nun auch nicht! In der praktischen Realität erlebt man immer wieder Patienten, bei denen über längere Zeiträume entsprechende Therapien durchgeführt wurden, ohne nennenswerten Effekt.

Bei den inzwischen zahlreichen Informationen zum Thema Säure-Basen-Haushalt stößt man nicht selten auf erhebliche Widersprüche. Zwar hat sich allgemein als Konsens durchgesetzt, daß Säuren vor allem durch Aminosäuren, also Eiweißbestandteile, in den Organismus gelangen. Es spricht aber auch einiges dafür, daß beispielsweise negativer Streß den Menschen „sauer“ macht, wie ja auch das Sprichwort sagt.

Als Gegenmaßnahme wird meist eine vegetarisch betonte Kost mit viel frischem Obst und Gemüse, vorzugsweise sogar als Rohkost empfohlen. Tatsächlich erlebt man im praktischen Alltag aber immer wieder einmal, daß typische, als übersäuerungsbedingt beschriebene Erkrankungsbilder, wie etwa rheumatische Erkrankungen oder Hautleiden, keineswegs so vorteilhaft auf manche der angeblich basischen Nahrungsmittel ansprechen. Immer wieder zeigt sich etwa eine Verschlechterung von Gelenk- und Hautleiden durch einen hohen Konsum von saurem Obst, insbesondere Äpfeln oder Trauben oder aber eine Verschlimmerung von Hautleiden auf Fruchtsäuren. Zwar soll bei der Zitrone die Besonderheit bestehen, daß sich die Zitronensäure basisch verstoffwechselt. Dies gilt aber offenbar für andere Obstsorten nicht. Es sind also noch viele Fragen offen. Wir hoffen, mit dieser Ausgabe unserer Zeitschrift einiges aufklären zu können.

Mit besten Grüßen

Rainer Matejka