Informieren und mitdenken – als Verbraucher und Patient

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Thema wäre schon im vorigen Monat aktuell gewesen: Lebensmittelskandal – der soundsovielte. Wenn das Thema in den Medien auftauchte, gab es bei mir zunehmend nur noch eine Reaktion: die Zeitung umblättern, das Radio ab- und den Fernseher umschalten. Man kann es nicht mehr hören … Höhnisch könnte man sogar noch sagen: Warum regen sich die Leute eigentlich auf? Pferdefleisch stammt wenigstens aus halbwegs artgerechter Tierhaltung und niemand ist vergiftet worden. Gifte wurden dann wieder bei Bio-Eiern etc. gefunden. Man brauchte nur zuzuwarten, die Skandalmeldungen wurden fast täglich um weitere „News“ ergänzt.

Mit derartigen Skandalen wird es so lange weitergehen, wie Verbraucher in hohem Maße – ich nenne sie einmal – „zusammengesetzte Fertigprodukte“ und überregionale Produkte akzeptieren und konsumieren. Das von einem Diskutanten ins Feld geführte Argument, weniger Betuchte seien nun einmal auf preiswerte Fertiggerichte angewiesen, lasse ich nicht gelten. Fertignahrungsmittel sind alles andere als preiswert. Der hohe Konsum an Fertignahrungsmitteln ist vielmehr dem heutigen Zeitdruck im Allgemeinen, oft auch einer gewissen Bequemlichkeit geschuldet. In dem Maße wie alberne Kochshows im Fernsehen Überhand nehmen, scheint die Bereitschaft vieler, selbst zu kochen – oder kochen zu können – zurückzugehen.

Grundbegriffe der Nahrungsmittelzubereitung wären auch in allgemeinbildenden Schulen ein sinnvolles Thema. Man könnte ja stattdessen ein bisschen weniger „Stochastik“ lehren und etwas Zeit von den „Quasselfächern“ abzwacken. Für gesunde Ernährung braucht man nicht viel. Gemüse, Getreide, Kartoffeln, hochwertige Fette – schon die-se vier Zutaten erlauben eine schmackhafte und gesunde Kost.

Eine andere Meldung macht mich derzeit noch nachdenklicher, als die schon gewohnten Lebensmittelskandale. Einige große Kliniken sollen bei bestimmten Krebsformen dazu übergegangen sein, Operationen nur noch dann vorzunehmen, wenn zuvor auch eine Chemotherapie durchgeführt wurde. Begründung: die Haftpflichtversicherungen der Kliniken würden angeblich nur dann bei eventuellen Kunstfehlerprozessen einspringen, wenn die Patienten auch „leitliniengerecht“ behandelt würden. Und in den besagten Fällen schreibe die aktuelle medizinische Leitlinie eine zusätzliche Chemotherapie vor. Dies würde faktisch den Patientenwillen – wenn er etwa eine Chemotherapie ablehnt, der Operation aber zustimmt – vollkommen aushebeln.

Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass eine solche Konstellation „obergerichtlich“ Bestand haben könnte. Hier wird man die weitere Entwicklung genau beobachten müssen. Was ich mir aber sehr gut vorstellen kann – und in Teilbereichen der Medizin hat es längst Einzug gehalten –, dass Therapien immer mehr nach Schemata durchzuführen sind und individuelle Aspekte des jeweiligen Patienten kaum noch Platz haben werden.

Dann wird der Arzt in besonderem Maße gefordert sein, die Rechtslage im Sinne des Patienten etwas „kreativer“ auszulegen. Er braucht dazu aber ein entsprechendes Pendant: den informierten und mitdenkenden Patienten. Auf Naturarzt-Leser trifft dies zu, bei der Allgemeinbevölkerung habe ich teilweise meine Zweifel.