Insulin für das Gesundheitswesen?

Liebe Leserin, lieber Leser,

auf die Hauptprobleme unseres Gesundheitswesens angesprochen, äußern Fachleute zumeist: das eigentliche Problem sei die chronische Unterfinanzierung. Ein früherer Bundesgesundheitsminister – der jetzt den Verbraucherschutzminister mimt – behauptete sogar einmal, er weigere sich, von einer Krise des Gesundheitswesens zu sprechen. Das Gesundheitswesen sei ganz hervorragend, die einzige Krise bestünde im Geldmangel … Und in die gleiche Richtung wird auch wieder der aktuelle Reförmchenversuch zielen. Diesen Auffassungen widerspreche ich entschieden: Das Gesundheitswesen braucht nicht mehr Geld. Ich wünschte sogar, es hätte nur halb so viel Geld zur Verfügung.

Ich möchte dies mit dem Beispiel des Diabetikers Typ II (Altersdiabetes) vergleichen: Allgemein herrscht die Auffassung, beim Diabetiker fehle es vor allem an Insulin. Dementsprechend müsse man entweder Insulin per Injektion zuführen oder das vorhandene körpereigene Insulin durch Tabletten stimulieren. In Wirklichkeit leidet der Altersdiabetiker aber meist nicht an einem Insulinmangel, sondern an Insulinresistenz. Das ausreichend vorhandene Insulin kann nicht mehr richtig wirken, so daß der Blutzucker nicht in die Muskelzellen abströmt. Führt man zusätzliches Insulin zu, wird die Resistenz nicht behoben. Es kommt aber ein unangenehmer Nebeneffekt hinzu: Insulin hemmt den Fettabbau, dadurch nimmt der Patient im Laufe der Zeit immer mehr zu und benötigt noch mehr Insulin. Wirksame Maßnahmen gegen Insulinresistenz wären: konsequente Ernährungsumstellung, Normalisierung des Körpergewichtes und regelmäßige körperliche Betätigung.

Ganz analog verhält es sich im Gesundheitswesen, es leidet nicht an Geldmangel, sondern an Geldresistenz. Das reichlich vorhandene Geld wird nicht sinnvoll eingesetzt, etwa in der Vorbeugung oder der ursächlichen Behandlung chronischer Erkrankungen. Statt dessen versickert es in  teuren medikamentösen Pseudoinnovationen, der Desorganisation des Gesundheitswesens mit seinen Doppeluntersuchungen, fehlender Kostentransparenz und in der Bürokratie. Im Rahmen der „Disease-Management-Programme“ beispielsweise – einer vom Bundesgesundheitsministerium entwickelten Strategie zur besseren Behandlung chronisch Kranker – sackt allein die Behörde, die die Fälle dokumentiert, eine Milliardensumme ein. Der Verwaltungsaufwand der gesetzlichen Krankenkassen liegt mittlerweile höher als das Honorar sämtlicher in Deutschland (noch) tätigen Hausärzte. Man könnte die Beispiele beliebig erweitern.

Die wirksame Therapie wäre – ähnlich wie beim Diabetiker – die konsequente Verschlankung: nicht Behörden in kleinen Schritten reformieren, sondern  gleich ganz beseitigen. Entweder wirklichen Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zulassen oder aus 250 Kassen eine einzige machen. Abschaffung der kassenärztlichen Vereinigung, konsequente Straffung des Krankenkassenleistungskataloges, Herausnahme versicherungsfremder Leistungen, Begrenzung eines zum Teil hemmungslosen „Doctorhoppings“ auf Chip-Karte und vor allem: Kostentransparenz. Und weil wir gerade beim Ausmisten sind: am besten auch Abschaffung des Bundesgesundheitsministeriums. Denn was kam von dort schon Gescheites?

Mit dieser Radikalkur wären zwar noch nicht alle Probleme gelöst. Wir hätten aber deutlich mehr Geld für die wirklich wichtigen Aufgaben im Gesundheitswesen in der Kasse – ohne ständige Beitrags- und Abgabenerhöhungen.

Mit besten Grüßen