Jürgen Klinsmann und die Reform des Gesundheitswesens

Liebe Leserin, lieber Leser,

als Jürgen Klinsmann beim FC Bayern München entlassen wurde, kam mir spontan eine Idee: Hätte „so einer“ – im übertragenen Sinn – als deutscher Gesundheitsminister eine Chance? Stellen wir uns einmal vor: Er tritt vor die Presse und sagt, er werde jeden Stein umdrehen und das Gesundheitswesen jeden Tag ein bisschen besser machen. Bei seiner Einführungsrede doziert er in Anlehnung an John F. Kennedy: „Fragt nicht danach, was euer Gesundheitswesen für euch tut, fragt lieber danach, was ihr selbst tun könnt, um die Solidargemeinschaft nicht unnötig zu belasten.“ Donnernder Applaus – vom Hoffnungsträger wäre die Rede.

Am Tag danach: Klinsmann trifft im Bundesgesundheitsministerium in Bonn ein. Nein, in diesem scheußlichen Bau, zwischen einem Autobahndreieck und Müllheizkraftwerk gelegen, kann nichts Positives gedeihen. Entweder das Ding verlegen mit Blick auf den Rhein oder gleich nach Berlin. Schon brandet gewaltiger Unmut der Beamten und Angestellten des Ministeriums auf, denn ein Umzug, wohin auch immer, sei unzumutbar. In Betriebsratssitzungen werden Gegenstrategien ausgeheckt.

Doch Klinsmann lässt sich nicht be­irren. Auf der Pressekonferenz am Nachmittag wird er gefragt, ob nun endlich „mehr Geld“ ins Gesundheitswesen komme. Er antwortet: „Wir sollten nicht immer nach mehr Geld rufen, wir sollten uns fragen, ob aus den vorhandenen Möglichkeiten nicht wesentlich mehr he­rauszuholen sei.“ In diesem Sinne fordert er bedingungslose Kostentrans­parenz, eine tief greifende Reform des ­Sys­tems der gesetzlichen Krankenkassen mit deutlich unterschiedlichen Tarifen und Wahlmöglichkeiten für die Bürger, Abschaffung der Kassenärztlichen Vereinigung, Hinterfragung des bisherigen Systems der niedergelassenen Ärzte mit Forderung nach neuen Anbieterstruk­turen, konsequente Ausgliederung rein sozialpolitischer Maßnahmen aus dem Leis­tungs­katalog der Krankenkassen und Förderung ganzheitlicher Konzepte vor allem bei chronischen Zivilisationskrankheiten.

Noch während der Pressekonferenz raunt ein Journalist: „Der redet sich um Kopf und Kragen.“ In einem Sofort­state­ment stellen Ulla Schmidt und Horst Seehofer – Arm in Arm – klar, Klinsmann müsse gestoppt werden, denn es müss­ten weiterhin die Starken für die Schwachen und die Reichen für die Armen aufkommen. Nein, ein Klinsmann im deutschen Gesundheitswesen würde nicht ein dreiviertel Jahr überleben wie beim FC Bayern. Er wäre schon nach einem Tag weg vom Fenster. Und schuld daran sind nicht nur Politiker und verkrustete Strukturen, auch ein Großteil der Bevölkerung will es nicht besser. Immer wenn es um Reformen des Gesundheitswesens geht, tritt eine erstaunliche Bewusstseinsspaltung zu Tage: Alles soll besser, aber möglichst nichts verändert werden. Kosteneinsparung ja, aber gleich­zeitig soll das Recht erhalten bleiben, sich bei jedem Ziehen in der Schulter „in die Röhre“ schieben zu lassen. So etwas nennt man Schizophrenie!

Mein Vorschlagskandidat als Gesundheitsminister lautet daher: Uli Hoeneß. Der hört beim FC Bayern sowieso auf und würde – als Mitinhaber einer Wurstfabrik – den Saftladen in Bonn bestimmt in kürzester Zeit aufräumen.

Mit besten Grüßen