Naturheilverfahren im Spiegel der Medien

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Berichterstattung über Naturheilverfahren in den Medien hat sich stark gewandelt. Wurde Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre oft euphorisch berichtet – man denke an viele Artikel in „Bunte“ – finden sich heute überwiegend Negativkommentare. Besonders „Stern“ und „Spiegel“ haben sich in den letzten Jahren damit hervorgetan, ebenso die Stiftung Warentest. Jüngst veröffentlichte „Bild“ eine Serie unter der Rubrik „Die größten Irrtümer des Heilens“. Dort erklärt eine Frau Dr. Hoffbauer, Antibiotika seien harmlos und beeinträchtigen nicht das Immunsystem. Fasten dagegen sei gefährlich, es führe zum Abbau von Herzmuskelgewebe (eine falsche, jedes Jahr aufs Neue wiedergekäute und längst widerlegte These). Wir erfahren ferner, neueste Studien zeigten die Unwirksamkeit von Johanniskraut, bei gleichzeitig gefährlichen Nebenwirkungen, gleiches gelte für die Mistel- und Thymustherapie. Und selbstverständlich gäbe es keine Schlacken im Organismus. Süßigkeiten machten nicht dick, sie seien sogar gesund, wenn man sich gleich danach die Zähne putze. Rauwolfia sei eine gefährlich Heilpflanze, die schwere Depressionen auslösen könne (als ob eine depressionsverstärkende Wirkung nicht bei allen Blutdrucksenkern möglich wäre). Ich frage mich in solchen Fällen immer, ob die meist völlig unbekannten „Experten“, die plötzlich in aller Munde sind, wirklich existieren.

Sich darüber ärgern? Ich habe es schon lange aufgegeben. Wir müssen feststellen: Naturheilkunde und Schulmedizin reden meist aneinander vorbei, weil sie eine unterschiedliche Sprache sprechen. Offensichtlich wird die Naturheilkunde selbst in den Bereichen kaum anerkannt, die durch wissenschaftliche Studien bereits gut erforscht sind – etwa die Pflanzenheilkunde. Immer wird sich ein spitzfindiger Wissenschaftstheoretiker finden, der diesen Studien mangelnde Aussagekraft und methodische Schwäche vorwirft. Nun wissen wir inzwischen, daß auch eine beträchtliche Zahl schulmedizinischer Studien „unsauber“ ist. In einer Umfrage gaben ein Drittel der befragten Wissenschaftler zu, auch schon einmal bei der Studienerstellung „getrickst“ zu haben, wobei die Dunkelziffer wahrscheinlich noch höher liegt.

Die Anhänger naturheilkundlicher Richtungen müssen gleichwohl aufpassen, nicht auf Abwege zu geraten und unnötige Angriffsflächen zu bieten. Auf einem Homöopathiekongreß sollen vor geraumer Zeit „Experten“ stundenlang über die Frage gestritten haben, ab wann ein homöopathisches Arzneimittel wirkt. Die einen meinten ab der Einnahme. Andere behaupteten, bereits ab dann, wenn die Arznei auf das Rezept geschrieben wird. Wieder andere gingen noch einen Schritt weiter und bestanden darauf, daß schon der Gedanke an das Homöopathikum die Wirkung aktiviert …

Wenn Vertreter der Schulmedizin auf-grund einer Statistik oder Vertreter der Alternativmedizin wegen einer Handvoll Einzelfälle, die Wirksamkeit einer Methode mit besonderem Missionseifer herausstellen, glaube ich daran wie an Prognosen über den künftigen Dollarkurs: Es ist häufig reine Kaffeesatzleserei.
Wichtig ist daher, der Naturheilkunde vor allem in ihrer praktischen Erfahrung zum Durchbruch zu verhelfen. Und hier haben wir gute Chancen, denn moderne Zivilisationskrankheiten und damit die Finanzierung des Gesundheitswesens sind langfristig nur mit Hilfe von Ernährungstherapie, Bewegungstherapie und „Streßmanagement“ in den Griff zu bekommen. Diese Naturheilverfahren sind keine Außenseitermethoden, sondern Basis jedweder Medizin – wirksamer als alle modernen Arzneien zusammen …

Mit besten Grüßen