Nauru und Du – oder: Das „Schicksal“ moderner Krankheiten

Liebe Leserin, lieber Leser,

Nauru liegt zwischen Indonesien und Australien. Die dortige Bevölkerung leidet zu über 60 Prozent an Diabetes Typ II, dem Altersdiabetes. Kürzlich wurden im „Deutschen Ärzteblatt“ für sämtliche Erdteile explodierende Zahlen an Diabetespatienten prognostiziert. Dieser Vorgang wird von Experten häufig wie eine Art schicksalhafte Entwicklung beschrieben mit der Quintessenz, daß das Gesundheitswesen zwangsläufig noch viel teurer werden müsse.

Preiswerter käme man zurecht, würde man konsequent an die Ursachen gehen. Im Falle von Nauru sind sie offensichtlich: Das Land besitzt keinen eigenen Landbau. Der Phosphatexport ist die Hauptwirtschaftsquelle. Davon lebt die Insel gut. Insofern leistet man es sich, sämtliche Nahrungsmittel weitgehend in Form von Fertigprodukten aus anderen Ländern, insbesondere Australien, zu importieren. Besonders hoch ist der Konsum an Teig- und Süßwaren … Wo eine ursächliche Therapie anzusetzen hätte, liegt also auf der Hand.

Szenenwechsel: Auf Besuch in einem afrikanischen Land fällt mir ein Joghurtbecher eines internationalen Lebensmittelkonzerns in die Hände. Auf dem Etikett steht sinngemäß, daß gesunde Lebensweise und Ernährung immer wichtiger wird. Und deswegen solle man diesen mit physiologischen Darmbakterien angereicherten Joghurt bevorzugen. In der Inhaltsliste finden sich die besagten Bakterien jedoch erst an achter Stelle. Davor rangieren sogenannte „Milk solids“, was immer das sein soll, Zucker, Stärke, diverse Geschmacksverstärker, Farbstoffe, Stabilisatoren und erst dann die erwähnten Bakterien. Das Ganze schmeckt synthetisch pampig, alles andere als gesund.

Der für Lebensmittelrecht zuständige EU-Kommissar brachte kürzlich einen Initiativantrag ein, irreführende Werbung auf Lebensmitteln, die mit einem gesundheitlichen Zusatznutzen werben, zu verbieten. Dies soll besonders für sogenannte Kindernahrungsmittel gelten. Ein nachdrücklich zu begrüßender Vorschlag.

Doch raten sie mal, wer sich gegen diese begrüßenswerte Initiative aus Brüssel besonders aufgelehnt hat? Es waren die Vertreter sämtlicher im deutschen Bundestag vertretenen Parteien. Mit einem sagenhaften Argument: dies wäre ein maßloser Akt bürokratischer Bevormundung. Ausgerechnet deutsche Politiker, die Verantwortlichen für das umständlichste Steuersystem der Welt, wehren sich gegen Bürokratie? Sicherlich werden Sie genauso wie ich den Kopf schütteln. Wieder einmal soll offensichtlich dank erfolgreicher Lobbyarbeit ein Industriezweig geschützt und dafür gesundheitlicher Schaden für die Bevölkerung in Kauf genommen werden.

Diese Ausgabe unserer Zeitschrift widmet sich einmal mehr den Themen Verdauung, Stoffwechsel und Allergien. Die meisten der diesbezüglichen Erkrankungen haben ihre Ursache in modernen Ernährungsgewohnheiten mit Fertignahrungsmitteln. Darauf wiesen schon vor Jahrzehnten die Ärzte Bircher-Benner und Bruker hin. Die konsequente Meidung der oft aggressiv beworbenen Produkte wäre die logische Konsequenz. Zugegebenermaßen würde dies Arbeitsplätze in der etablierten Nahrungsmittelindustrie kosten. Doch wäre dies durch den allgemein deutlich sinkenden Krankenstand und abnehmende Frühinvalidisierung nicht mehr als aufgewogen?

Mit besten Grüßen

Rainer Matejka