Öko-Kost ist Energiepolitik

Liebe Leserin, lieber Leser,

müsste ich eine Rangliste vordringlicher politischer Ziele aufstellen, würde energiepolitische Unabhängigkeit ganz weit vorne stehen. Vom Umweltschutz einmal abgesehen, muss es Ziel sein, vor allem von den Öl- und Gaslieferländern unabhängig zu werden. Auf einen Schlag wird das nicht gehen. Aber schon mittelfristig sollte es möglich sein, aus einem Mix alternativer Energien zunehmende „Autonomie“ zu generieren. Besondere Bedeutung erhielte die Einsparung von Energie. Komisch, dass die Verantwortlichen das erst jetzt mit großem Getöse entdecken …

Auch die Ernährung hat mit Energiepolitik zu tun, übrigens deutlich mehr als der Einsatz von Energiesparlampen. Um eine Kalorie (kcal) Hochseefisch zu gewinnen, müssen mehrere 100 Kalorien an Energie für Fischereiflotte, Tiefkühltechnik und lange Transportwege aufgewendet werden. Für eine Kalorie Milch aus üblicher Mastviehhaltung sind circa 10 kcal Einsatz erforderlich. Hingegen liefern z. B. Kartoffeln aus extensivem, ökologisch-dynamischem Landbau 10 kcal für einen Energieeinsatz von nur einer Kalorie. Allein die Art des Landbaus entscheidet also mit über unseren Energieverbrauch. Aus ökologischem Landbau gewonnene Kost bietet zusätzliche Vorteile: Sie enthält weniger Schadstoffe und ist reicher an Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Das stärkt das Immunsystem und hilft dem Stoffwechsel.

Als Anfang Januar die Grüne Woche in Berlin eröffnet wurde, betonten Bundeskanzlerin und  EU-Kommissionspräsident, die Konfrontation zwischen Biolandbau und herkömmlichem Landbau sei endlich überwunden. Da bin ich mir nicht so sicher! Tatsache ist aber, dass die Nachfrage nach Produkten aus ökologischem Landbau immer mehr steigt. Aus diesem Grund wenden sich Vertreter des herkömmlichen Landbaus zunehmend dem Ökolandbau zu.

Dabei erleben wir folgende Überraschung: Immer mehr Bio-Produkte werden inzwischen aus Frankreich, Spanien oder Marokko importiert. Zukünftig will selbst China Bio-Produkte für den deutschen Markt produzieren. Solche Zustände – „biologisch produziert, umweltfeindlich transportiert“ – widersprechen dem Sinn ökologischer Produkte. Ein Grund für diese merkwürdigen Entwicklungen: Deutsche Landwirte, die auf ökologischen Landbau umstellen möchten, erhalten zwar strenge Auflagen, jedoch  keine oder nur geringe Subventionen. Diese wurden nämlich mit tatkräftigem Zutun der Bundesregierung deutlich gekürzt. Statt dessen schöpfen wenige konventionelle Großbetriebe, zum Beispiel Tiermastbetriebe, den Löwenanteil der EU-Subventionen ab. Ist das gemeint mit „die Konfrontation zwischen Öko und konventionell ist überwunden“?  Deutschland hinkt jedenfalls in der Fläche des ökologischen Landbaus selbst hinter Ländern wie Uruguay oder Großbritannien hinterher.

Dabei hat ökologischer Landbau nicht nur für die Gesundheitsvorsorge eine immer größere Bedeutung, sondern auch als energiepolitischer Faktor. Ob sich mit dieser Tragweite des Ernährungssektors unsere politischen Möchtegern-Glühbirnen-Verbieter befassen? Man sollte beim Energiesparen die richtigen Prioritäten setzen.

Mit den besten Grüßen