Sichere Häfen gesucht

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ende Januar 2008 fallen mir an einem Tag in der Zeitung folgende Schlagzeilen ins Auge: „Höllenfahrt an den Börsen – Anleger suchen sichere Häfen“. „Macht Olivenöl Arteriosklerose?“ „Das Grauen in den bunten Pillen.“

Das Chaos im großen Casino der Welt – den Börsen – ruft überall Experten auf den Plan, wie man denn nun sein Geld sicher anlegen solle, wenn selbst Staatsanleihen angesichts der exorbitanten Verschuldung nicht mehr so sicher sind. Plötzlich ist Gold wieder „in“ – es wird die einst beliebte Goldmünze Krügerrand wiederentdeckt – oder auch der Rat, das Geld „in die Schweiz“ zu bringen oder gleich nach Singapur oder Hongkong. Auf jeden Fall: Der Bürger ist verunsichert und traut vor allem keiner Bank mehr.

In der Medizin gibt es Parallelen. Während jahrelang zahlreiche Studien die positiven Wirkungen von Olivenöl belegten, will nun ein Münsteraner Pharmakologe nachgewiesen haben, dass es Arteriosklerose fördere. Zumindest bei Meerschweinchen soll dies der Fall sein – wenn man den Versuchsanordnungen Glauben schenken mag. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass ein Pharmakologe alle bisherige Erkenntnis und Erfahrung auf den Kopf stellt, aber der Verbraucher ist verunsichert.

„Das Grauen in den bunten Pillen“ bezieht sich auf Psychopharmaka. Über viele Jahre hinweg haben große Hersteller systematisch negative Studiendaten zu Psychopharmaka unterdrückt und nur diejenigen Ergebnisse veröffentlicht, die positive Wirkungen zeigten. Es verwundert daher nicht, wenn man als Therapeut immer wieder feststellen muss, dass gerade die neuesten so hoch gejubelten Psychopharmaka mit angeblich guter Verträglichkeit und sicherem Wirkprofil keineswegs so überzeugend sind, sondern oft ein äußerst breites und unangenehmes Nebenwirkungsprofil entfalten. Was für die Psychopharmaka zutrifft, gilt ebenso für viele andere Arzneimittel. Eine höchst beunruhigende Situation für Patient und Therapeut gleichermaßen.

Auch in der Medizin wünschen wir uns daher zunehmend einen sicheren Hafen, in den man immer wieder zurückkehren kann. Während sich die Ansichten in der klinischen Medizin oft ändern und der Kunstfehler von heute plötzlich die Therapie der Wahl von morgen und umgekehrt sein kann, können wir in der Naturheilkunde auf eine solide Basis zurückgreifen. Die Anwendung von Licht, Luft, Sonne, Wasser, Bewegung, gesunde Ernährung, Pflanzenheilkunde, das richtige Wort zur richtigen Zeit und die Strukturierung des Lebens anhand naturgemäßer Rhythmen – diese Grundprinzipien hat schon Hippokrates gelehrt, und sie finden sich in variierter Form auch in anderen Kulturkreisen.

Da haben wir sie, die Krügerränder der Medizin, die über viele Jahre unbeachtet in Tresoren herumliegen. Auch wenn man damit nicht alles heilen oder verhindern kann: Je mehr sich der einzelne damit befasst, um so mehr entwickelt er Unabhängigkeit und Autonomie vom wirtschaftlichen Auf und Ab, dem widersprüchlichen Expertenstreit und überhaupt von den heute an allen Ecken auf den Menschen einprasselnden Verunsicherungen und Hysterien.

Mit den besten Grüßen