Trinkwasser: (k)eine Luxusfrage!

Liebe Leserin, lieber Leser,

in der naturheilkundlichen Medizin spielt Wasser eine bedeutende Rolle. Nach Kneipp und Prießnitz setzen wir es in Form von Güssen, Bädern, Wickeln und Packungen ein, mit dem Ziel,  Durchblutung und Stoffwechsel anzuregen. Auf diese Weise können wir – völlig arzneifrei – das Immunsystem und den Stoffwechsel nachhaltig stärken. Auch innerlich angewendet, spielt Wasser immer wieder eine Rolle, nicht zuletzt als „das ideale Getränk“, denn der menschliche Organismus besteht schließlich zu über zwei Dritteln aus Wasser. Die Frage ist manchmal nur, welches Wasser optimal ist, wenn natürliches Quellwasser nicht zur Verfügung steht: Trinkwasser aus der Leitung, Mineralwasser, Heilwasser, durch Filter- oder Energetisierungsverfahren aufbereitetes Wasser? Die Meinungen sind vielfältig.

So sinnvoll und interessant die Beschäftigung damit ist, sollten wir uns bei dieser Gelegenheit einmal vor Augen halten, was der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa in einem Zeitungsartikel schreibt: „Ein Drittel der Weltbevölkerung – etwa 2,6 Milliarden Menschen – weiß nichts von Toiletten, Latrinen und Klärgruben und verrichtet seine Notdurft unter Bäumen, neben Bächen und Quellen oder in Tüten und Blechbüchsen. Und eine weitere Milliarde verwendet zum Trinken, Kochen und Waschen Wasser, das mit menschlichen und tierischen Fäkalien verseucht ist. Aus diesem Grund sterben jedes Jahr mindestens zwei Millionen Kinder an Durchfall und verwüsten infektiöse Erkrankungen wie Cholera und Typhus weite Teile Afrikas, Asiens und Lateinamerikas.“ In Mumbai/Bombay soll es ein Stadtviertel geben, in dem durchschnittlich auf 1440 Menschen eine Toilette kommt. Frauen und Mädchen sind besonders gefährdet, weil sie es sind, die meist in stundenlangen Märschen aus Kanälen oder Brunnen Wasser herbeiholen bzw. in Fäkalien verseuchtem Wasser Wäsche oder Geschirr waschen müssen. Ein Expertenbericht schätzt, dass jedes Jahr weltweit 443 Millionen Fehltage in der Schule auf wasserbedingte Krankheiten zurückzuführen sind.

Lassen wir es an dieser Stelle mit den Beispielen bewenden. Machen wir uns klar, dass bei all unseren Diskussionen um gesunde Lebensführung und dem Bemühen, das für uns Menschen beste Wasser herauszufinden, dies doch eine Luxusdiskussion ist. Wenn ein beträchtlicher Teil der Menschheit nicht einmal Zugang zu trinkbarem Wasser hat, sollten wir zunächst einmal dankbar sein, dass wir nicht dazugehören. Dies relativiert dann auch manche verbissen und besserwisserisch geführte Diskussion über die Frage, welches Wasser denn nun das Optimale sei.

Dass unser normales Leitungswasser nicht so ideal ist, wie oft dargestellt, ist ein Faktum. Experten berichten, vor allem das Problem der Hormon- und Medikamentenrückstände sei bis heute nicht befriedigend gelöst. Trotzdem fällt keiner tot um oder zieht sich eine Seuche zu, wenn er in unseren Breiten Leitungswasser trinkt. Die Maßstäbe zurechtrücken, über den Tellerrand hinausschauen, tut uns manchmal ganz gut, auch in der Naturheilkunde.

In diesem Sinne bin ich