Wie wichtig ist uns Prävention wirklich?

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Bundesregierung will die Prävention voranbringen. Die Koalition hat sich auf eine „Strategie“ geeinigt: Der Hausarzt soll zum Präventionslotsen und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Präventionszentrale werden. Schön und gut, könnte man sagen. Vorbeugung alias „Prävention“ – wer findet das nicht wichtig? Die Vorbeugung vor Erkrankungen wäre „volkswirtschaftlich“ weit günstiger als die zum Teil aufwendige Behandlung bereits eingetretener Erkrankungen. Wer das in Sonntagsreden darlegt, erhält regelmäßig Applaus. Am Montagmorgen sieht die Welt jedoch schon wieder anders aus!

Wer einen Kongress für interessierte Laien mit dem Schwerpunktthema „Prävention“ organisiert, wird regelmäßig enttäuscht sein, wie wenig Resonanz eine solch wichtige Thematik findet. Eine weitere erstaunliche Erfahrung lautet: Vorbeugung interessiert vor allem Menschen, die schon lange gesundheitsbewusst leben, sich also im besten Sinne „solidarisch“ gegenüber der Allgemeinheit verhalten. Manch einer jedoch, der unter kostenintensiven chronischen Krankheiten leidet, legt oft eine erstaunliche Gleichgültigkeit an den Tag.

Vorbeugung scheint eben nicht so sehr der Natur des Menschen zu entsprechen. Noch ein Beispiel: Eine Krankenkasse diskutiert stundenlang über die Möglichkeiten betrieblicher Gesundheitsförderung bei kleineren Betrieben. Man findet keine Lösung für das Problem, wie Mitarbeiter an Gesundheitsveranstaltungen teilnehmen können, ohne dass der Ablauf des Arbeitstages leidet. Mein Vorschlag, derartige Präventionsveranstaltungen doch außerhalb der Dienstzeiten zu platzieren, wird als unrealistisch abgelehnt, weil außerhalb der Arbeitszeit (fast) niemand bereit sei, an einer derartigen Veranstaltung teilzunehmen. Hieß es nicht einmal, Gesundheit sei das höchste Gut?

Der Gesundheitssystemforscher Prof. Fritz Beske (geb. 1922) bezeichnet Prävention im Gesundheitswesen als kostenintensive Maßnahme, deren Nutzen, wenn überhaupt, sich erst in Jahren und Jahrzehnten auszahle oder auch gar nicht. Eine sehr pessimistische Einstellung, die zur Frage führt, was man unter Prävention versteht. Die Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern machen Sinn, doch beim Erwachsenen kommt man ins Grübeln: Prävention in Form von Knochendichtemessungen und „viel Milch“ trinken gegen Osteoporose? Mammographie zur Früherkennung von Brustkrebs? Immer wieder erhöhte Blutzucker, Blutfette und Harnsäurewerte kontrollieren und mit „Metformin“, „Statin“ und „Allopurinol“ – statt mit Ernährungsumstellung – zu behandeln?

Nein, für wirkliche Prävention braucht man nur wenig Hilfe durch das Gesundheitssystem. Man braucht nicht einmal Expertenrat aus der Medizin. Ein Landwirt weiß es besser. Franz-Karl Rödelberger (1928–1997), biodynamischer Bauer, Außenseiter und Schriftsteller („Vom Reichtum des einfachen Lebens“) schrieb folgende Leitsätze zur Prävention:
► Positive heitere, hassfreie und dankbare Lebenseinstellung
► Hinwendung zum Geistigen und zur Kunst
► Sinnvolle Betätigung und Bewegung – Arbeit an der Erde
► Giftfreie Ernährung
► Wohnen ohne störende Strahlung
► Gesunde Kleidung
► Heilender Schlaf

Einen Bruchteil davon zu beachten wäre heute schon ein großer Fortschritt.