Low-Carb-Unsinn stoppen: nicht alle Kohlenhydrate sind schlecht

Wurden früher vorwiegend Fette als Übeltäter für Gewichtsprobleme und Stoffwechselerkrankungen angesehen, sind es nun die Kohlenhydrate. Low-Carb-Diäten sind aktueller denn je. Viele sprechen schon von „Diätsünden“, wenn sie Appetit auf Kartoffeln, Nudeln oder Brot haben. Das ist allerdings Unsinn, wie die Zeitschrift Naturarzt – Ihr Gesundheitsratgeber (Ausgabe 7/2009) klarstellt.

Bei Kohlenhydraten gilt es zu unterscheiden zwischen kurz- und langkettigen: Von kurzkettigen Einfach- und Zweifachzuckern nimmt der Durchschnittsdeutsche heute täglich rund 110 bis 120 Gramm auf. Dies trägt zu einer Fülle von Gesundheitsproblemen bei. Die Nahrungsmittelindustrie hat nicht nur großen Anteil daran, dass solche Unmengen an Zucker konsumiert werden, sondern sie führt Verbraucher auch hinters Licht: Setzt man einem Produkt statt Haushaltszucker die Einzelbestandteile zu, können diese in der Zutatenliste weiter hinten aufgeführt werden.

Eine solche minderwertige Kohlenhydratqualität ist allerdings kein Argument gegen Kohlenhydrate generell, also für eine Low-Carb-Diät. Langkettige Kohlenhydrate sorgen nicht nur für eine kontinuierliche Energiebereitstellung und damit für Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, sondern sie verbessern unter anderem auch die Stresstoleranz bzw. emotionale Belastbarkeit durch eine vermehrte Produktion von stimmungsaufhellenden Nervenbotenstoffen.

Auch Ballaststoffe gehören zu den Kohlenhydraten. Sie bringen die Verdauung in Schwung, sorgen für ein anhaltendes Sättigungsgefühl, senken den Cholesterinspiegel und dienen der gesunden Darmflora als Nahrung. In Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Gemüse und Obst sind sowohl kurz- und langkettige Kohlenhydrate als auch Ballaststoffe enthalten, das macht diese Lebensmittel für eine gesunde Ernährung unentbehrlich.

Low-Carb-Konzepte ersetzen dagegen die problematische „Kohlenhydratmast“ (mit isolierten Zuckern!) durch eine nicht weniger problematische „tierische Eiweißmast“. Die Bevorzugung tierischer Lebensmittel einschließlich Milch und Milchprodukten in größeren Mengen ist mit einer hohen Aufnahme von Salz, harnsäurebildenden Purinen, Cholesterin, gesättigten Fettsäuren und Arachidonsäure verbunden. Ein Überangebot führt zur vermehrten Bildung von Entzündungsstoffen und steigert das Risiko für Allergien, Neurodermitis und rheumatische Erkrankungen.

Ballaststoffe, viele Vitamine, Mineralien, Spurenelemente, Antioxidanzien und sekundäre Pflanzenstoffe wie z. B. Karotinoide, Sulfide oder Polyphenole kommen dagegen bei „Low Carb“ zu kurz. Diese Unterversorgung mit Nähr- und Vitalstoffen fördert darüber hinaus Herz-Kreislauf-, Krebs- und Darm-Erkrankungen.

Die „alten“ Regeln und Empfehlungen der Vollwert-Ernährungslehre haben nichts an Gültigkeit eingebüßt, allerdings müssen sie richtig verstanden werden – dies ist auch das Fazit eines Interviews der Zeitschrift Naturarzt – Ihr Gesundheitsratgeber (Ausgabe 7/2009) mit Prof. Dr. Claus Leitzmann.