Frei von … Wer profitiert wirklich von diesem Trend?

Frei von … Wer profitiert wirklich von diesem Trend?

Immer mehr Lebensmittel in den Supermarktregalen tragen „frei von“-Kennzeichnungen, z. B. „frei von Gluten“ oder „frei von Laktose“. Auch Verbraucher, die von entsprechenden Unverträglichkeiten nicht betroffen sind, greifen zu – im Glauben, ihrer Gesundheit damit etwas besonders Gutes zu tun …

„Laktosefrei“ und „Glutenfrei“ sind seit einigen Jahren die Renner im Marketing der Lebensmittelproduzenten. Schon die aufwendige Platzierung der Produkte im Supermarkt oder in der Drogerie, häufig direkt neben den Bioprodukten, soll das Gesundheits- und Qualitätsimage dieser Produkte fördern.

In Deutschland ist etwa jeder siebte Mensch laktoseintolerant. Das heißt, er oder sie kann Milchzucker nicht unbegrenzt vertragen. Grummeln im Bauch, schmerzhafte Krämpfe, Blähungen, Durchfall, Müdigkeit, Kopfschmerzen treten nach dem Verzehr von Milch oder ihren Produkten auf. Nicht jeder weiß allerdings, dass man auch bei gesicherter Diagnose meist noch begrenzte Mengen Laktose vertragen kann. Die meisten Betroffenen können mehrere Schnitt- und Hartkäsesorten problemlos essen. Als „laktosefrei“ ausgelobter Hart- und Schnittkäse ist also meistens nur (erheblich) teurer, aber nicht besser als sein nicht gekennzeichnetes Pendant. Fest steht außerdem, dass jeder Mensch, der Milchzucker gut verarbeiten kann – das ist in Mittel- und Nordeuropa die große Mehrheit – nichts davon hat, laktosefreie Produkte zu kaufen und zu verzehren.

Auch von glutenfreien Ersatzprodukten hat ein gesunder Mensch keinen Nutzen. Das Wort „Gluten“ beschreibt eine Gruppe von Klebereiweißen, die für die Backstärke von Getreidemehlen verantwortlich sind. Sie machen das Brot schön locker und fluffig. Zahlreiche Fertignahrungsmittel enthalten Gluten (oder glutenhaltige Zutaten wie Weizenstärke) auch als Bindemittel. Zöliakie, eine echte Glutenunverträglichkeit, kommt nur bei bis maximal einem Prozent der Bevölkerung vor. Bei ihnen verursacht Gluten eine chronische Entzündung und dadurch eine Schädigung der Darmschleimhaut, so dass Nährstoffe nicht mehr ausreichend aufgenommen werden können. Diskutiert wird unter Praktizierenden und Wissenschaftlern zwar, ob es zudem eine Glutenempfindlichkeit gibt, ohne dass eine klassische Zöliakie vorliegt. Doch auch bei einer solchen Gluten- oder Weizen-„sensitivität“ gilt: Wer eine bekömmliche Alternative probieren möchte, ist auch nicht auf glutenfreie Produkte der Lebensmittelindustrie angewiesen: Brotmahlzeiten kann man durch gekochtes, glutenfreies Getreide ersetzen (Reis, Hirse, Quinoa, Buchweizen u.a.).

Es gibt eine Reihe von möglichen Ursachen und Faktoren, warum Brot und Backwaren von einem Teil der Verbraucher, speziell darmsensiblen Patienten, nicht gut vertragen wird. Man sollte die Probleme nicht voreilig auf Gluten schieben! Für die Mehrheit der Bevölkerung besteht kein Grund, auf hochpreisige Ersatzprodukte auszuweichen.

Quelle: Naturarzt – Ihr Gesundheitsratgeber, 1/2016

Foto: Syda Productions/Shutterstock