Selbsthilfegruppen aufsuchen – aber mit offenen Augen!

Über drei Millionen Menschen in Deutschland sind in 70.000–100.000 Selbsthilfegruppen aktiv. Viele Vorteile ergeben sich gerade aus der ehrenamtlichen Struktur. Auf der anderen Seite macht die fehlende Professionalität Selbsthilfegruppen teilweise anfällig für Missbrauch, schreibt die Zeitschrift „Naturarzt – Ihr Gesundheitsratgeber“ in der Ausgabe 2/2010.

Die meisten Selbsthilfegruppen sind Kleingruppen mit 5–15 Mitgliedern. „Zugpferde“ der Selbsthilfe stellen Betroffene dar, welche das Problem weit genug überwunden haben, um anderen beizustehen. Viele Angebote sind hilfreich und seriös, und man kann Betroffene nur ermuntern, sie wahrzunehmen. Andererseits sollten mögliche „Haken“ an der Sache nicht verschwiegen werden.

Beruht auch manche Enttäuschung von Betroffenen auf falscher Erwartung – Selbsthilfegruppen sind keine professionellen Dienstleister -, so gibt es doch teilweise echte Defizite: Nicht selten trifft man in Selbsthilfegruppen auf vorgefasste Meinungen, politische und weltanschauliche Parteilichkeit und nicht zuletzt auf wirtschaftliche Interessen! „Halten Sie die Augen offen, wenn Sie sich neu einer Selbsthilfegruppe anschließen möchten,“ lautet daher die Empfehlung des „Naturarzt“ (2/2010). Die folgenden Kriterien sollten auch von der für Sie interessanten Selbsthilfegruppe erfüllt werden:

– Laienangebot: Von Betroffenen für Betroffene (es können Experten für einzelne Termine eingeladen werden) ohne medizinische oder psychologische Ratschläge oder Therapie.

– Anonymität: Niemand muss seinen Namen nennen oder andere persönliche Daten angeben.

– Unentgeltlichkeit: Mitarbeiter der Selbsthilfegruppe verlangen kein Geld für ihre Leistungen und haben keine finanziellen Vorteile durch ihre Arbeit.

– Unabhängigkeit: Keine Dritten wie Therapeuten, Einrichtungen, Hersteller, Parteien oder Dienstleister profitieren von der Arbeit (z. B. durch Empfehlungen im Rahmen der Selbsthilfetreffen).

– Toleranz: Redebeiträge werden nicht kritisiert. Die Gruppe ist frei von politischen oder religiösen Anschauungen oder vorgefassten Meinungen.

– Gesprächsklima: Zuhören und Redemöglichkeit sind auf alle Teilnehmer gleich verteilt.

– Eigene Anerkennung des Problems: Die Probleme werden beim Namen genannt und in ihrem Ausmaß wahrgenommen und akzeptiert, auch was die Grenzen eigener Möglichkeiten betrifft.

– Eigenverantwortung: Trotz gegenseitigem Austausch übernimmt jeder die Verantwortung für sein Problem (und damit auch für dessen Lösung).

Ausführliche Informationen rund ums Thema Selbsthilfegruppen finden Sie in Ausgabe 2/2010 der Zeitschrift „Naturarzt – Ihr Gesundheitsratgeber“. Darin unter anderem Antworten auf die Frage: Warum es Betroffenen oft so schwer fällt, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen.