Orthorexie: Wenn gesunde Ernährung zum Zwang wird

In der Medizin wird die Diagnose Orthorexie zwar noch in Frage gestellt. Unbestritten ist aber, dass es Menschen gibt, die in Bezug auf ihre Ernährung zwanghafte Züge aufweisen. Die Übergänge zwischen „Lebensstil“ und „Krankheit“ sind dabei fließend. Die Zeitschrift „Naturarzt – Ihr Gesundheitsratgeber“ (7/2011) bietet dazu einen Check.

Orthorexia nervosa ist eine Ess-Störung, bei der ein ausgeprägtes Bestreben besteht, sich besonders „gesund“ zu ernähren. Damit sind nicht Menschen gemeint, die aus gesundheitlichen Gründen weniger Fleisch, mehr Obst und Ballaststoffe essen oder eine ärztlich verordnete Diät einhalten. Solches Verhalten ist sinnvoll. Wenn aber ein Großteil der Zeit und Energie dafür aufgewendet wird, sich „richtig“ zu ernähren, der gesamte Tagesablauf von der Suche nach den „richtigen“ Nahrungsmitteln oder Informationen hierüber bestimmt wird und die Fixierung so weit geht, dass es zu gravierenden Einschränkungen in den sozialen Kontakten kommt, dann kann von einer schweren Ess-Störung mit Krankheitswert ausgegangen werden. Folgende Kriterien sprechen für das Vorliegen einer Orthorexie:

► Die Ess-Störung besteht seit mindestens 6 Monaten.

► Sie wirkt sich negativ auf die Lebensqualität aus (z. B. soziale Isolation).

► Die Gedanken kreisen ständig um das Essen.

► Es kommt zu erheblichen Schuldgefühlen, falls vom Ernährungsplan abgewichen wird.

► Es besteht ein Gefühl der Überlegenheit, das Richtige zu tun, und ein Missionierungseifer, andere von dieser Ernährungsform zu überzeugen.

► Bei sehr einseitiger Kost kommt es zu Mangelzuständen bestimmter Nährstoffe, die dann wiederum weitere Krankheiten zur Folge haben können.

Der Orthorexie liegt eine psychische Störung mit zwanghaften Zügen zugrunde. Häufig soll damit von tiefer liegenden Konflikten ablenkt werden. Erst wenn durch soziale Isolation, Verlust von Freunden oder Partner, der Druck zu groß geworden ist, kommt es zur Krankheitseinsicht.

Ernährung kann Vieles sein: Lebenserhaltung, Mittel zur Kommunikation und vor allem Genuss. Sie sollte Eines nicht sein: eine Religion.

Dr. med. Volker Schmiedel hat für den Naturarzt einen Check (Selbsttest-Fragebogen mit Auswertung) entwickelt, veröffentlicht in Ausgabe 7/2011.